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 Petershausener Portal

Badisches Tagblatt, 27. Juni 2007

PetershausenerPortal

Badisches Tagblatt, Samstag, 13. Oktober 2007

Toranlage auf Schloss Eberstein in heutigem Zustand.

Rätsel um Toranlage auf Schloss Eberstein gelöst.

von Cornelia Zorn

Wer in Gernsbach vom „Petershausener Portal“ spricht, denkt sofort an die gleichnamige Toranlage an der nördlichen Mauer von Schloss Eberstein über Gernsbach. Schon oft wurde dieses Bauteil fälschlicherweise ins Mittelalter datiert, obwohl es erst im 19. Jahrhundert als Rahmen für die erhaltenen Teile des echten Petershausener Kirchenportals entstand. Eine am 10. Oktober diesen Jahres eröffnete Dauerausstellung des Badischen Landesmuseums im Karlsruher Schloss beseitigt nun letzte Zweifel.

Schon vom Eingangsbereich aus ist das mächtige, etwa vier Meter hohe monumentale Portal zu erkennen. Es steht im Mittelpunkt der neu eingerichteten Museumsabteilung „Hochmittelalter. Von Karl dem Großen bis in die Stauferzeit“. Im Original erhalten sind das Tympanon (halbrundes Giebelfeld über der Tür), der Türsturz, vier von sechs Kapitellen (obere Säulenenden, zwei davon sind mit Eulen, zwei mit Tauben verziert) und zwei überlebensgroße Statuen, die den heiligen Gebhard (Gründer des Klosters mit Kirchenmodell in der Hand) und den heiligen Gregor (Patron des Klosters, mit einer Taube als Symbol des Heiligen Geistes auf der Schulter) darstellen. Diese Teile aus Sandstein entstanden um 1173 in der Benediktinerabtei Petershausen nahe Konstanz und stammen vom Ostportal der ehemaligen Klosterkirche, neben der Galluspforte am Baseler Münster das früheste mit großen Figuren geschmückte romanische Portal im deutschsprachigen Raum. Das Tympanon zeigt eine Himmelfahrtsszene mit einem auffahrenden Christus, der sich zu Maria und den Aposteln unter ihm auf dem Türsturz zurückwendet und einen Arm nach unten streckt – ein auf seine Wiederkehr weisendes Motiv, das in der Monumentalplastik nur in Petershausen zu finden ist und dem Portal eine einmalige kunsthistorische Bedeutung verleiht.

Wie das Portal nach Schloss Eberstein kam, erfährt der Besucher der Ausstellung ebenfalls. 1802 fiel das Kloster im Rahmen der Säkularisation wie auch Kloster Salem an jüngere Söhne des späteren Großherzog Carl Friedrich. Als die Klosterkirche 1832 abgerissen wurde, retteten sie die wertvolle Bauplastik des Portals und schenkten sie ihrem Bruder, Großherzog Leopold. Der ließ das Portal auf Schloss Eberstein rekonstruieren, indem er die fehlenden Teile wie Rundbögen und Säulen aus rotem heimischen Sandstein nachbauen, die Originalteile aus gelblich-grünem Bodensee-Sandstein darin integrieren und das Ganze in eine Art Vorbau vor die Mauer einfügen ließ.

Leopold sammelte mit Vorliebe mittelalterliche Kunst, nicht nur weil es der romantischen Zeitströmung entsprach, sondern auch, um seine legitime Abstammung auszudrücken, die durch seine nicht ebenbürtige Mutter und die Kaspar-Hauser-Affäre stark bezweifelt wurde. Das „Petershausener Portal“ war für diesen Zweck wohl besonders geeignet. Laut der lateinischen Inschrift auf dem auf Schloss Eberstein befindlichen Torbogen ließ Leopold es wieder herrichten und bewahren als Denkmal vergangener Generationen. Damit meinte er wahrscheinlich ganz konkret seine eigenen Vorfahren. Ein großer Förderer des Klosters im 12. Jahrhundert war nämlich Bischof Gebhard III. von Konstanz aus dem Geschlecht der Zähringer, eine Verwandtschaft, die das Haus Baden besonders betonte, um ein stärkeres Zusammengehörigkeitsgefühl zwischen den verschiedenen Teilen des 1806 entstandenen badischen Staates zu schaffen.

Der nächste Großherzog hatte nicht mehr mit Legitimitätsproblemen zu kämpfen, daher wurde das Portal zum Schutz vor weiterer Verwitterung 1867 nach Karlsruhe in die Großherzoglichen Sammlungen gebracht. Von dort gelangte es dann ins Schloss, wo es aber immer nur teilweise oder – wie während der letzten 20 Jahre – gar nicht aufgebaut war. In der neuen Ausstellung ist es nun wieder so rekonstruiert, dass es dem Originalzustand so weit wie möglich entspricht - zum ersten Mal seit der Aufstellung auf Schloss Eberstein. Über die Tatsache, dass es zu den Kunstobjekten gehört, deren Eigentum zwischen dem Land und dem Haus Baden umstritten ist, macht sich Museumsdirektor Harald Siebenmorgen keine Sorgen. Es werde, so meinte er bei der Eröffnung der neuen Hochmittelalter-Abteilung, sicher an seinem jetzigen Platz bleiben – schließlich wiege es über vier Tonnen!

Neben dem „Petershausener Portal“ mit seinem lokalen Bezug zeigt die neue Abteilung im Karlsruher Schloss aber noch einen weiteren herausragenden Kunstschatz, nämlich das 1973 bei Grabungen in Schwarzach gefundene und von der Kirchengemeinde Schönmünster-Schwarzach als Dauerleihgabe zur Verfügung gestellte „Schwarzacher Köpfchen“. Mit diesem Teil eines Kirchenfensters aus dem 10. Jahrhundert besitzt das Badische Landesmuseum das älteste Zeugnis der Glasmalerei im Abendland überhaupt! Auch die übrigen Exponate entstammen fast alle der sakralen Kunst – schließlich umfasst die Zeit des Hochmittelalters zwischen 800 und 1250 die Ära der Klostergründungen und das große Ringen zwischen Kaiser und Papst. Die historischen Hintergründe werden museumspädagogisch sehr geschickt dargeboten: Mitten im „Petershausener Portal“ ist zum Beispiel ein Monitor angebracht, auf dem der Besucher durch Berührung nach eigener Wahl reich bebilderte Informationen zu wichtigen mittelalterlichen Klöstern im Südwesten abrufen kann. Die neue Ausstellung nimmt nur eine Fläche von etwa 70 Quadratmetern ein – eine kleine, aber sehr feine Schatzkammer, mit der die komplette Neukonzeption der Mittelaltersammlung im Karlsruher Schloss nun abgeschlossen ist.

 

© Cornelia Renger-Zorn 1999-2020
letzte Aktualisierung: 29. August 2020

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