dung herzustellen. Auerdem erscheint es unwahrscheinlich, da Horaz gerade bei
der Verbreitung der autobiographischen Anmerkungen auf den reizvollen Doppelsinn
tiber - verna verzichten wollte. Durch die Ausschaltung des verna verlre die
Personifikation an Bildhaftigkeit. Ein sprechendes Buch kann sich der Leser eben
schwerer vorstellen als einen sprechenden verna.
Kritik zu a) und c): Bei diesen Ansichten ergibt sich die Schwierigkeit, den
Zeitpunkt des sol tepidus und den mit pluris auris angesprochenen Personenkreis
genau zu ermitteln. Die Vertreter von a) verlegen den Zeitpunkt des sol tepidus
hauptschlich in die frhen Morgenstunden und subsumieren unter pluris auris den
Kreis der Schler. Allerdings begann die Schule im Sommer bei Sonnenaufgang, im
Winter sogar noch frher, und zu diesem Zeitpunkt war der sol keineswegs schon
tepidus5). Daher bleibt es unerklrlich, warum zu diesem spteren Zeitpunkt pltzlich
mehr Schler da sein sollten als zu Beginn des Unterrichtes6
), und warum der
Lehrer auf eventuell spter erscheinende Schler gewartet haben sollte, um einige
Lebensdaten ber den gerade behandelten Autor zu berichten7
). Diese Ungereimtheiten
hindern zunchst daran, Vers 19 als direkte Fortsetzung von Vers 17 und 18
anzusehen. Die Vertreter von c) setzen den Zeitpunkt des sol tepidus spter an
(Kieling-Heinze: "... wenn die Tageshitze und Arbeit vorbei ist. .. "; Fraenkel:
"An einem schnen Nachmittag kann in einem sdlichen Land das Leben im Freien
nie vllig unertrglich sein ... Es ist gegen Sonnenuntergang"). Diese Sicht verbaut
allerdings von vornherein die Prfung, inwieweit Horaz hier literarische Ambitionen
hegt. Ein alter verna, der von seinem Herrn erzhlt, steht nicht mehr in
direktem Zusammenhang mit dem tiber, der in der Schule gelesen wird. KielingHeinze
weisen diese Vermutung denn auch als "arrogant"8) zurck mit dem Hinweis
auf sat. 1,10,73 ff.: neque te ut miretur turba labores,lcontentus paucis lectoribus.
an tua demens/vilibus in ludis dictari carmina m,dis? Allerdings warnt Horaz
an dieser Stelle nur davor, sich der breiten \1.lsse .1IlLubiedern. Fr eine solche
Prostitution des Literaten ist der Preis, in den niedrigen Schulen gelesen zu werden,
in den Augen des Dichters zu hoch. Er schliet aber damit nicht grundstzlich aus,
da ein Dichter, der nicht auf Breitenwirkung zielt, aufgrund der Qualitt seiner
Werke Schulautor werden kann. Um die Interpretation hier offen zu halten, mu
daher zunchst geprft werden, ob sich Vers 19 nicht doch einigermaen zwanglos
in die Schulszene integrieren lt. .
Bonner unternimmt einen recht berzeugenden Versuch in dieser Richtung.
Der sol tepidus bezeichnet fr ihn die Zeit, "when the sun began to grow pleasantly
warm, in contrast to the earlier hours of the school-day, when, even in summertime,
it could be distinctly chilly"9). Diese Sicht deckt sich mit der Angabe bei
Porphyrio (ca. 4.15. Stunde)'O). Die vierte und fnfte Stunde liegt im Winter zwischen
9.45 und 11.15, im Sommer zwischen 8.13 und 10.4411
). Den Ort des Geschehens
verlegt Bonner auf die trivia oder quadrivia, wobei er wiederum der
5) Marrou S.393.
6) BonnerS.518f.
7) Bonner S. 519.
8) A. Kieling-R. Heinze, Q. Horatius Flaccus, Briefe, Dublin-Zrich
11977, S. 192.
9) Bonner S. 523.
10) Acronis et Porphyrionis Commentarii in Q. Horatium Flaccum, ed.
Ferdinandus Hauthai, Vol. Ir, Berlin 1866, S. 506.
11) J. Carcopino, Rom. Leben und Kultur in der Kaiserzeit, Stuttgart 1977,
S.215. |