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 Bauernkrieg 
Murgtal, Gernsbach
 Folge 2

500 Jahre Bauernkrieg. Murgtäler plündern „verbotten vischwasser“ bei Sulzbach

Der 21. Juni 1525 (Mittwoch nach Fronleichnam), war ein besonderer Tag für Gernsbach. Schultheissen (herrschaftliche Beamte), Bürgermeister, Richter, Ratsherren und männliche Gemeindemitglieder der Stadt Gernsbach und der Dörfer von Forbach bis Muggensturm (schätzungsweise 1000 Personen) leisteten ihren Landesherren (dem Markgrafen von Baden und dem Grafen von Eberstein) vor dem oberen Tor nahe dem Storchenturm den feierlichen Eid, weder mit den Bauern vom Bruhrain (Gebiet zwischen Wiesloch und Bruchsal) noch mit anderen Aufrührern jemals wieder gemeinsame Sache zu machen, sondern „alles zu tun, das leibeigenen Leuten ihren Herren gegenüber von Rechts wegen zu tun gebührt“. Im Rahmen des diesjährigen Themas „500 Jahre Bauernkrieg“ geht das Badische Tagblatt in einer Artikelserie der Frage nach, wie es dazu kommen konnte.

Über den feierlichen Akt wurde eine Urkunde ausgestellt, die sich heute im Generallandesarchiv Karlsruhe befindet. Als Motive für ihren Aufruhr nennen die Murgtäler „das Evangelium, die göttliche Gerechtigkeit und andere Beschwerden gemäß der zwölf Artikel, die im Druck verbreitet wurden“. Die Bundesordnung der Bauern bildete zusammen mit den „Zwölf Artikeln der Bauernschaft“ ein trotz großer regionaler Unterschiede übergreifendes Programm, das allgemein akzeptiert wurde (siehe Faktenbox). Schon die erste Forderung, die freie Wahl des Pfarrers durch die Gemeinde, wurde sicher von den Gernsbachern begrüßt, besonders angesichts der Unzufriedenheit mit ihrem eigenen Ortsgeistlichen. Der zweite Artikel forderte den Unterhalt der Pfarrer durch den Getreide- und Weinzehnten, den sogenannten „großen Zehnten“. Auch dieses Verlangen traf im Murgtal einen Nerv, da der dortige Zehnte zum größten Teil an die Speyerer Domherren floss, deren Wohlleben er mit finanzierte.

Der dritte Artikel verlangte die Abschaffung der Leibeigenschaft, einer sehr weitgehenden, freiheitsbeschränkenden Abhängigkeit von einem Leibherrn. Schließlich habe, so argumentierten die Bauern, Christus sein Blut für alle Menschen vergossen, daher könne nicht einer über den anderen gleichsam wie über sein Eigentum verfügen. Dabei wurden die Gernsbacher von der Leibeigenschaft nicht einmal besonders bedrückt. Sie waren zwar bis 1583 Leibeigene ihrer Landesherren (Baden und Eberstein), mussten aber, anders als bei den meisten anderen Herren üblich, weder einen Leibzins zahlen noch im Todesfall immense Erbschaftssteuern. Dennoch wurde aber selbst diese abgeschwächte Form der Leibeigenschaft als diskriminierend empfunden. Der vierte Artikel verlangte, dass jeder in der freien Natur nach seinem Bedarf jagen, fischen und Holz sammeln dürfe. Diese Rechte waren von den Territorialherren im Laufe der Zeit immer weiter reduziert worden. Wie der Begriff „Hochwild“ noch heute andeutet, war bestimmtes Wild nur noch für die „hohen Herren“ reserviert, während die Bauern die Verwüstung ihrer Felder durch Wild und jagende Adlige hoch zu Ross dulden mussten.

Auch die herrschaftlichen und klösterlichen Fischteiche waren für einfache Leute tabu. Aus einem Schriftstück vom November 1525 erfahren wir, dass „etlich von Gernspach“ im kürzlich stattgefundenen „ufrure“ in das Waldstück „swarzig gere sampt den verbotten vischwassern“ eingefallen waren. In Gaggenau-Sulzbach gibt es heute noch den „Schwarzegehrenbrunnen“ (östlich vom Ortskern) und die Ortsbezeichnung „Schwarzer Gehr“. Über die landwirtschaftlich genutzten Böden in Sulzbach samt den dazu gehörigen Bauern bestimmte das Kloster Frauenalb als Ortsherr. Ein großer Teil der Wälder im Murgtal und deren Nutznießung, also auch Jagd-, Fischerei- und Holzrechte, standen den Grafen von Eberstein zu. (Fortsetzung folgt)

 

Bundesordnung und Zwölf Artikel der Bauern

Im März 1525 waren Tausende von Bauern in Memmingen (Allgäu) zusammengekommen und hatten ein „christliches Bündnis“ geschlossen, sich eine Bundesordnung gegeben und eine Liste von Forderungen übernommen, die Zwölf Artikel, die rasch zu einem von allen Aufständischen überregional akzeptierten Programm  wurden. Als „christlich“ bezeichneten sich die Bauern, weil sie sich, auch mit Bezug auf Martin Luther und die Reformation, auf das Evangelium und die Freiheit und Gleichheit aller Menschen vor Gott beriefen. Die Zwölf Artikel verlangten unter anderem Abschaffung der Leibeigenschaft, freien Zugang zu den natürlichen Ressourcen und Reduzierung der Frondienste und Abgaben. Mit Hilfe der neuen Technik des Buchdrucks verbreiteten sich die Bundesordnung und die Zwölf Artikel wie ein Massenmedium innerhalb kürzester Zeit in ganz Süd- und Mitteldeutschland, auch im Murgtal. Man kann sich vorstellen, wie die Gernsbacher in den damals vorhandenen Wirtshäusern (etwa drei bei rund 750 Einwohnern) zusammenkamen, sich von Lesekundigen die Artikel vorlesen ließen, sie heiß diskutierten und nachher in den verbotenen Wald fuhren, um sich endlich das zu holen, was ihnen ihrer Überzeugung nach zustand.

Bilder:

Das Titelblatt der Bundesordnung von Memmingen deutet an, dass die Bauern im Notfall auch bereit waren, ihre Forderungen mit Gewalt durchzusetzen.

Der „Schwarzegehrenbrunnen“ beim Friedhof Gaggenau-Sulzbach weist auf das Waldstück „Schwarzer Gehr“ hin, wo die Gernsbacher verbotenerweise Fische fingen, die ihrer Meinung nach der Allgemeinheit zustanden.

B 2.1 Bundesordnung klein B 2.2 Schwarzegehrenbrunnen klein

© Cornelia Renger-Zorn 1999-2025
letzte Aktualisierung: 02.06.2025