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 Bauernkrieg 
Murgtal, Gernsbach
 Folge 6

500 Jahre Bauernkrieg. „Embörungen“ und „Uffleuf“ im Murgtal mit Folgen

Im April und Mai 1525 rotteten sich wie überall im Südwesten auch Untertanen der Grafschaft Eberstein in „Embörungen“ und „Uffleuf“ zusammen und begingen „Ungehorsamkeiten“ gegen ihre Herren, den Markgrafen von Baden und den Grafen von Eberstein. Das Badische Tagblatt nimmt das diesjährige Thema „500 Jahre Bauernkrieg“ zum Anlass, dem Schicksal der Aufständischen in der Region in einer Artikelserie nachzugehen.

Die Ebersteiner Untertanen hatten sich dem Aufstand des Bruhrain angeschlossen, einer Gegend zwischen Wiesloch und Bruchsal, über die der Fürstbischof von Speyer herrschte. Eines der Hauptmotive war die Wut auf den Klerus, besonders die Domherren in Speyer, deren luxuriöses Leben auch durch die Zehntabgaben aus dem Murgtal finanziert wurde. Es kam zur Erstürmung der Klöster Herrenalb und Frauenalb. Bauern und Handwerker aus dem Murgtal sind in Kämpfen um Weinsberg und Böblingen zu finden. Der Bischof vereinbarte am 5. Mai einen Ausgleich mit seinen Bauern. Auch der pfälzische Kurfürst Ludwig V. zeigte sich zunächst kompromissbereit, spielte aber daneben auf Zeit. Nachdem das schwäbische Fürstenheer am 12. Mai bei Böblingen das württembergische Bauernheer vernichtend geschlagen hatte, ging er offen gegen die Bauern im Kraichgau und im Bruhrain vor. Zahlreiche Anführer wurden enthauptet, widerspenstige Orte wie Malsch im Kraichgau niedergebrannt.

Die Herren der Grafschaft Eberstein zeigten sich da humaner. Markgraf Philipp I. von Baden hatte schon am 25. Mai im Vertrag von Renchen seinen rebellischen Untertanen in der Ortenau freie Pfarrerwahl und Milderung von Leibeigenschaft, Abgaben und Frondiensten zugestanden. Ebenso gemäßigt ging er zusammen mit Bernhard von Eberstein im Murgtal vor. Hier wurde weder hingerichtet noch niedergebrannt. Die Bestrafung war dennoch empfindlich. Am 15. Juni 1525 versammelten sich die Vertreter der Stadt Gernsbach und der Orte zwischen Forbach und Muggensturm sowie männliche Gemeindemitglieder (um die 1000 Personen) vor dem oberen Tor in Gernsbach und schworen beiden Herren feierlich, alle Verbindungen zum Bruhrain abzubrechen und sich „nit mer (zu) embören, (zu) rotten noch (zu) versamblen one vorwissen und willen baider unserer gnedigen herrn“. Über diesen Eid wurde eine Urkunde ausgestellt, die von der Stadt Gernsbach als Vertreterin aller Ebersteiner Untertanen sowie zwei benachbarten Adligen als Zeugen besiegelt wurde. Das lässt darauf schließen, dass auch im Murgtal der Aufstand eine gewisse Massendynamik entwickelt hatte, wobei unklar bleibt, welchen Schichten die Empörer hauptsächlich angehörten.

Wie in der Urkunde vermerkt, hatten die Murgtäler durch ihre Unbotmäßigkeit auch Kosten verursacht. Die Herren hatten Berittene und Fußtruppen engagiert, um sich selbst samt loyal gebliebenen Untertanen vor tatsächlicher oder vermeintlicher Bedrohung zu schützen und um Schäden an ihrem Eigentum zu verhüten. Die in Gernsbach versammelten Murgtäler schworen, diese Kosten, so wie von den Herren veranschlagt, ohne Widerspruch zu zahlen. Wie teuer das genau wurde, ist nicht überliefert. Graf Eberstein veranschlagte die verbotene Entnahme von Fischen aus dem „Schwarzen Gehr“ (Wald bei Gaggenau-Sulzbach) zum Beispiel mit 200 Gulden. Zum Vergleich: Der Gernsbacher Pfarrer erhielt im Jahr ein Fixeinkommen von 56 Gulden. Denen, die durch Drohung oder Gewalt zum Eintritt in den Bruhrain-Haufen genötigt worden waren, versprach die Urkunde Schonung. Die Strafzahlung sollte nur „uff die schuldhaften“ umgelegt werden.

Der Aufstand im Murgtal blieb nicht ohne Wirkung. Die „Zwölf Artikel der Bauernschaft“, auf die auch die Murgtäler geschworen hatten, waren von der durch Martin Luther angestoßenen Reformation inspiriert. Das zeigen die darin formulierten Forderungen nach freier Pfarrerwahl, Predigt nach dem Evangelium, Verwendung des Zehnten für den Unterhalt des Pfarrers, Abschaffung der Leibeigenschaft und Teilhabe an den natürlichen Ressourcen. Philipp von Baden und der 1526 seinem Vater Bernhard nachfolgende Wilhelm IV. von Eberstein waren der Reformation zugeneigt. So konnten die Gernsbacher schon 1528 einen evangelischen Prediger durchsetzen. Nach 1525 setzten Baden und Eberstein den Nutznießer des Zehnten, das verhasste Domkapitel in Speyer, so unter Druck, dass es zum Unterhalt des Gernsbacher Pfarrers beitragen musste. 1583 konnten sich die Gernsbacher ganz von der Leibeigenschaft befreien, die in Baden erst 1783 abgeschafft wurde. 1525 zeigten sich die Herren auch bereit, Beschwerden der Untertanen anzuhören und abzustellen. Zum Beispiel wurde der gewerbsmäßige Weinhandel des herrschaftlichen Vogts in Gernsbach untersagt, den die Bürger als Amtsmissbrauch und unlautere Konkurrenz empfanden.

Das lag zum großen Teil daran, dass die Reformation, deren Ideen die Ziele der Aufständischen geprägt hatten, im Murgtal rasch an Boden gewann. Darüber hinaus lag es vielleicht auch am zunehmenden Bewusstsein der am Ausbau ihrer Territorialstaaten interessierten Herren, dass mit geknechteten Untertanen „kein Staat zu machen war“. Der Kampf um die Gleichberechtigung aller Menschen nicht aus religiös motivierten, sondern vernunftgemäßen Gründen musste noch bis zum Zeitalter der Aufklärung im 18. Jahrhundert warten.

Bilder:

Markgraf Philipp I. von Baden (1479-1533) verhielt sich im Bauernkrieg gegenüber den Untertanen der Grafschaft Eberstein sehr gemäßigt.

Graf Bernhard III. von Eberstein (1459-1526), hier mit seiner Frau Kunigunde von Sonnenberg, war zusammen mit Philipp von Baden während des Bauernkriegs Herr über die Grafschaft Eberstein.

B6. 1 Markgraf Philipp von Baden klein
B6.2 Bernhard III klein

© Cornelia Renger-Zorn 1999-2025
letzte Aktualisierung: 02.06.2025